Ein runder Geburtstag ist immer ein guter Zeitpunkt, um zurückzublicken und ein Zwischenfazit zu ziehen: Vor 20 Jahren im Jahr 1996 trat das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) in Kraft. Es setzte die europäische Arbeitsschutz-Richtlinie 89/391 EWG in nationales Recht um und sorgte für ein Umdenken in Sachen Arbeitssicherheit in deutschen Betrieben: mehr Eigenverantwortung, weniger exakte Regelungen, Ausrichtung auf Prävention statt Schadensbegrenzung.

Als zentrales Arbeitschutz-Instrument wurde mit dem ArbSchG die Gefährdungsbeurteilung eingeführt. Anhand der individuellen Gefährdungen an den Arbeitsplätzen im Unternehmen, legt der Unternehmer selbst und eigenverantwortlich die Maßnahmen fest, mit denen er Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten bei der Arbeit gewährleisten kann. Unter dem Stichwort Deregulierung werden mit dem gesetzlichen Rahmen Schutzziele vorgegeben, die auf individuell unterschiedlichen Wegen erreicht werden können. Dabei wurden im Laufe der Jahre seit der Einführung des ArbSchG zahlreiche Konkretisierungen des Gesetzes in Form von Verordnungen wie der Arbeitsstättenverordnung oder der Betriebssicherheitsverordnung auf den Weg gebracht und ergänzende Handlungshilfen (TRBS, ASR) veröffentlicht, die zwar nicht unmittelbar verbindlich sind, bei Anwendung aber für Rechtssicherheit auf Seiten der Unternehmen sorgen.

Heute lässt sich sagen, dass das Arbeitsschutzgesetz und die Gefährdungsbeurteilung auf dem Weg zum systematischen, präventiv ausgerichteten Arbeitsschutz einen nicht zu unterschätzenden Beitrag geleistet haben. So hat sich die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter von 43,1 im Jahr 1996 auf 23,7 im Jahr 2014 fast halbiert.

Große Baustelle bleibt die seit Jahren anhaltende fehlende Akzeptanz der Gefährdungsbeurteilung bei kleinen und auch mittleren Unternehmen (KMU), sodass trotz gesetzlicher Vorgabe immer noch zu wenige KMUs eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Einen guten Einstieg in das Thema bietet das Portal gefaehrdungsbeurteilung.de der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).

Mit Blick auf die Zukunft und vor dem Hintergrund des digitalen Wandels in der Arbeitswelt spielt der Arbeitschutz auch für Freelancer und (Schein-)Selbständige eine große Rolle. Sie werden vom Geltungsbereich des Arbeitsschutzgesetzes momentan nicht erfasst. Auch die im Jahr 2013 in die Gefährdungsbeurteilung integrierte Beurteilung psychischer Gefährdungen am Arbeitsplatz ist eine große Herausforderung.