Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, das Firmengelände bei Nässe, Glätte und Schnee zu sichern. Der betriebliche Winterdienst ist ein Teil der Verkehrssicherungspflicht und liegt damit in der Verantwortung des Arbeitgebers. Was sollten Sie unbedingt beachten? Wie regeln Sie den Winterdienst möglichst effektiv? Wie können Sie Haftungsrisiken minimieren?

Winterdienst auf dem Betriebsgelände – wie ist die gesetzliche Lage?

Verkehrssicherungspflicht
Die Verkehrssicherungspflicht besagt Folgendes:
„Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, hat die Pflicht, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen (Sicherungsmaßnahmen) zu treffen, um Schäden anderer zu verhindern.
Die Verkehrssicherungspflicht ist in Deutschland eine deliktsrechtliche Verhaltenspflicht zur Abwehr von Gefahrenquellen, deren Unterlassen zu Schadensersatzansprüchen nach den §§ 823 BGB führen kann.“

Schutz- und Fürsorgepflicht
Der Arbeitgeber hat gegenüber den Mitarbeitern zusätzlich eine Schutz- und Fürsorgepflicht, vgl. §§ 3 und 4 ArbSchG und § 2 DGUV Vorschrift 1 (Unfallverhütungsvorschriften). Auch wenn Firmengebäude und -gelände dem Unternehmen nicht gehören und somit der Eigentümer für übliche Räumpflichten zuständig ist, sollten Sie auf dem Gelände sowie den wichtigsten Zugängen trotzdem Schnee räumen, Streumaterial ausbringen und allgemein für eine gute Begehbarkeit sorgen.

Beim Winterdienst gilt allgemein der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Demnach muss der Arbeitgeber keinen unverhältnismäßig großen Aufwand betreiben und beispielsweise das gesamte Firmenareal vom Schnee befreien, sondern lediglich die wichtigen Wege auf dem Betriebsgelände zu den üblichen Betriebszeiten räumen. Von Arbeitnehmern wird ein umsichtiges Verhalten wie die Nutzung geräumter Wege und Flächen erwartet.

Streu- und Räumpflicht an externe Dienstleister outsourcen – was müssen Sie beachten?

Für viele Unternehmen ist es sinnvoll, einen externen Dienstleister mit dem Winterdienst zu beauftragen. Primär können Sie dann auch erst einmal davon ausgehen, dass die Räumpflichten adäquat ausgeführt werden, eine permanente Überwachung ist nicht nötig. Wird Ihnen allerdings zur Kenntnis gebracht, dass der beauftragte Winterdienst seine Aufgaben nicht korrekt oder zu spät durchführt, steht das Unternehmen sofort in der Pflicht, sich dessen anzunehmen.

Legen Sie daher mit der beauftragten Firma unbedingt schriftlich einen Zeitrahmen für die Räumung und Streuung fest. Diese Zeitspanne soll insofern mit dem Beginn der Arbeitszeit in Ihrem Unternehmen korrelieren, als dass Parkplätze und Verkehrswege beim Eintreffen der Arbeitnehmer schon geräumt sind.
Klären Sie außerdem, ob Räummittel, Streugut und eventuelle weitere Hilfsmittel von Ihnen bereitgestellt werden müssen, oder ob der Dienstleister diese stellt.

Praxis-Tipp: Selbst wenn das Streumaterial gestellt wird, ist es sinnvoll, firmenintern ebenfalls einen Vorrat an gemeindlich akzeptierten Streumaterialien sowie die Basisausrüstung zum Räumen und Streuen zur Verfügung zu haben.

Welche Streumittel gibt es?

Grundsätzlich können Streumittel in zwei verschiedene Arten aufgeteilt werden:

  • Tauende Streustoffe (lassen den Schnee und das Eis schmelzen)
  • Abstumpfende Streustoffe (erhöhen die Griffigkeit auf mechanischem Weg durch gesteigerte Reibung)

Tauende Streustoffe wie das klassische Streusalz sind in den letzten Jahren wegen ihrer zahlreichen Nachteile zunehmend und zu Recht aus der Mode gekommen. Sie schädigen Pflanzen, verletzen Tierpfoten und sorgen für eine beschleunigte Korrosion von Infrastruktur und Fahrzeugen. Gelangen die Salze ins Grundwasser, verursacht dies weitere Probleme. In den meisten Gemeinden ist der Einsatz von Streusalzen/tauenden Streustoffen daher nur noch in wenigen Ausnahmefällen gestattet. Dokumentieren Sie in diesem Fall eindeutig, warum die Verkehrssicherheit mittels alternativer Maßnahmen nicht ausreichend erfüllt werden kann. So können Sie im Falle einer Überprüfung der Gemeindeverwaltung die Sachlage mittels der Dokumentation darlegen.

Ansonsten sind bei Glätte die Verkehrswege mit nachhaltig abstumpfenden Mitteln wie Sand oder Splitt ausreichend zu streuen. Achtung: Hobelspäne sind aufgrund ihrer Fähigkeit, sich mit Wasser vollzusaugen, als Streumittel ungeeignet. (OLG Hamm, Az. 6 U 92/12)

Erkundigen Sie sich auf jeden Fall direkt bei Ihrer Gemeinde, welche Streumittel unter welchen Umständen zugelassen sind.


Auf einen Blick: 6 Tipps rund um den Winterdienst im Unternehmen

  1. Räumung öffentlicher Wege
    Für Straßen, Rad- und Fußwege sind Städte und Gemeinden als Grundstückseigentümer für die Einhaltung der Streu- und Räumpflicht zuständig. Diese geben die Verpflichtung bezogen auf öffentliche Fußwege meistens über ihre Satzung an die Anlieger weiter, sodass dann auch Unternehmen als Eigentümer oder Mieter eines anliegenden Grundstückes für die Räumung der öffentlichen Fußwege zuständig sind.
     
  2. Räumung des Betriebsgeländes
    Grundsätzlich müssen Unternehmer dafür sorgen, dass auf ihrem Gelände niemand zu Schaden kommt. Bei der Streu- und Räumpflicht auf dem Betriebsgelände gilt, dass hier die Anforderungen höher sind als bei privaten Grundstücken. Denken Sie an die Räumung von Zuwegen, Zufahrten und Parkplätzen, damit diese gefahrlos befahren und begangen werden können. Bekannte Gefahrenstellen lassen sich durch entsprechende Hinweisschilder entschärfen und sorgen für erhöhte Aufmerksamkeit.
     
  3. Die Verantwortung des Mitarbeiters
    Klären Sie auch Ihre Mitarbeiter über mögliche Gefahrenquellen auf und informieren Sie sie auch über das richtige Verhalten auf dem Betriebsgelände. Denn auch dem Mitarbeiter ist eine gewisse Vorsicht und Sorgfalt (z.B. auf einer mit Splitt gestreuten festgefahrenen Schneedecke) zuzumuten. Schnee und Eis gehören zum Winter dazu und trotz Räum- und Streupflicht seitens des Unternehmens darf sich der Mitarbeiter nicht auf völlige Eis- und Schneefreiheit verlassen.
     
  4. Wann muss geräumt werden?
    Auch hier sind die Anforderungen höher als im privaten Bereich, wo in vielen Fällen eine Zeit von 7:00 bis 20:00 Uhr in den Gemeindesatzungen gilt. Bei Betrieben richtet sich die Pflicht nach den Betriebsverhältnissen. Beginnt der Betrieb um 7:00 Uhr, sollte schon eine Stunde vorher geräumt werden. Das Gleiche gilt, wenn Lieferanten ab einem bestimmten Zeitpunkt eintreffen, auch dann muss sichergestellt sein, dass vorher geräumt wird. Generell muss immer dann, wenn nennenswerter Verkehr zu erwarten ist, für Sicherheit durch Räumen und/oder Streuen gesorgt werden.
     
  5. Wenn Sie ein Unternehmen beauftragen
    Treffen Sie in jedem Fall schriftliche Vereinbarungen. Festhalten sollten Sie den genauen zeitlichen Ablauf unter Berücksichtigung der Betriebszeiten und die örtlichen Gegebenheiten, also wo genau geräumt werden soll. In jedem Fall sollte die Arbeit des Winterdienstes zumindest stichprobenartig überwacht werden.
     
  6. Und wenn doch einmal etwas passiert?
    Verunfallt ein Mitarbeiter auf dem Betriebsgelände, ist der Unternehmer vor etwaigen Ansprüchen durch die Haftungsablösung der Unfallversicherung geschützt, da es sich um einen Arbeitsunfall handelt. Schadenersatzansprüche gegen das Unternehmen können sich jedoch bei Besuchern, Lieferanten oder Mitarbeitern anderer Unternehmen ergeben, wenn diese zu Schaden kommen und der Unternehmer der Streu- und Räumpflicht nicht nachgekommen ist. Gleiches gilt für Passanten auf öffentlichen Fußwegen, für deren Räumung der Unternehmer als Anlieger verantwortlich ist. 
     
    Wichtig: dokumentieren Sie Unfälle sofort! Was ist passiert? Wie waren die Bedingungen zum Unfallzeitpunkt? Wer war beteiligt? Gibt es Zeugen? Fragen wie diese, sind später auch gegenüber den Versicherungen zu beantworten.
     

Mit diesen Tipps sind Sie nun gut auf die kalte Jahreszeit und den Winterdienst vorbereitet. Wir wünschen Ihnen einen sicheren Winter!