Es gibt viele Hilfsmittel, die unser Gehör schützen, noch dazu viele unterschiedliche: der Anwender hat die Wahl zwischen Gehörschutzstöpseln, Bügelstöpseln, Kapselgehörschützern oder auch individuell angepassten Otoplastiken. Aber wie wählen Sie den richtigen Schutz aus? Sind alle Arten von Gehörschützern für alle Tätigkeiten und Anwendungen geeignet?

Ausgangspunkt der Produktauswahl ist die Kenntnis des Lärmpegels und der Lärmfrequenz. Ab Werten von 80 dB(A) sollte und ab Werten von 85 dB(A) muss Gehörschutz eingesetzt werden. Der Restschallpegel mit eingesetztem Gehörschutz sollte zwischen 70 und 80 dB(A) liegen. Unter 70 dB(A) spricht man von einer Überprotektion. Auch diese gilt es zu vermeiden, denn sie ist oftmals Grund dafür, dass Gehörschutz nicht getragen wird. Überprotektion verhindert zudem, dass z.B. wichtige Signale oder Umgebungsgeräusche wahrgenommen werden können. Bei der Lärmfrequenz wird zwischen hoch-/mittelfrequenten (HM) und tieffrequenten (L) Geräuschen (Geräuschklassen) unterschieden.

Der HML-Check – die gängigste Methode

Der HML-Check ist die gängigste Methode zur Ermittlung eines geeigneten Gehörschutzes. Anhand der Angabe des ermittelten Lärmpegels, der Lärmquelle und der Geräuschklasse kann dann ein geeigneter Gehörschutz aus der IFA-Datenbank ausgewählt werden. Die entsprechenden Werte (H, M und L) des jeweiligen Gehörschutzes werden von den Herstellern angegeben und sind z.B. in unserem Hauptkatalog oder auch im Onlineshop immer direkt bei den Produkten zu finden. Sind die Werte bekannt, kann also auch manuell ein Gehörschutz ausgewählt werden. Je nach Art des Gehörschutzes sind noch Korrekturwerte (bei Gehörschutzstöpsel 9 dB, bei Bügelstöpseln und Kapseln 5 dB) im Sinne eines Praxisabschlages für ungeübte Benutzer zu berücksichtigen, da davon auszugehen ist, dass die Laborwerte aus den Baumusterprüfungen der Gehörschützer in der Praxis nicht erreicht werden. Auf den Abzug der Korrekturwerte wird bei so genannter qualifizierter Benutzung (Anwender, die mindestens viermal jährlich mit praktischer Übung unterwiesen werden) verzichtet.

Alternative Methoden

Exaktere aber auch aufwändigere Methoden sind die Oktavband-Methode und die HML-Methode (nicht der oben beschriebene HML-Check), die beide nur bei qualifizierter Benutzung verwendet werden und wenn die Schutzwirkung genau zu bestimmen ist. Wesentlich einfacher aber auch ungenauer ist die SNR-Methode, die nur einen Dämmwert verwendet und nicht weiter auf die Frequenz eingeht. In der Regel liegt der SNR-Wert, der ebenfalls von den Herstellern angegeben ist, etwas über dem M-Wert (siehe HML-Check).
Alle Methoden werden in der umfangreichen DGUV 112-194 Benutzung von Gehörschutz ausführlich und mit Berechnungsbeispielen erläutert.

Stöpsel, Bügel, Kapsel – wann kommt welcher Gehörschutz zum Einsatz
Grundsätzlich sind Gehörschutzstöpsel und Kapselgehörschützer von der Dämmwirkung her gleichwertig.

Gehörschutzstöpsel sind in verschiedenen Ausführungen erhältlich und finden an Arbeitsplätzen mit andauernder Lärmeinwirkung Anwendung. Sie sind hygienisch und stören nicht, wenn auch andere PSA wie Schutzbrillen, Atemschutz oder Schutzhelme getragen werden müssen. Formbare Stöpsel sind zylindrisch oder konisch geformt und werden vor dem Einsetzen zwischen den Fingerspitzen an den Gehörgang angepasst. Vorgeformte Stöpsel verfügen über Lamellen, die den Gehörgang verschließen. Gehörschutzstöpsel mit Kordel bieten zusätzlichen Schutz vor Verlust, dürfen aber nicht bei Tätigkeiten an sich drehenden oder bewegenden Teilen zum Einsatz kommen.

Bügelstöpsel sind zu empfehlen, wenn ein häufiges Auf- und Absetzen erforderlich ist. Viele Modelle können im Nacken oder unter dem Kinn getragen werden. Sie sollten nicht eingesetzt werden, wenn Schalldruckspitzen durch Anstoßen der Bügel entstehen können, z. B. an Schweißerschutzschirmen.

Bei kurzzeitig auftretendem Lärm, welcher ein häufiges Auf- und Absetzen erfordert, eignen sich Kapselgehörschutz hervorragend. Auch bei engen oder empfindlichen Gehörgängen mit der Neigung zu Gehörgangsentzündungen sind sie ideal. Auf Kapselgehörschützer sollte verzichtet werden, wenn aus Sicherheitsgründen gutes Richtungshören erforderlich ist.

Gehörschutzotoplastiken sind Formpasstücke, die individuell für das Ohr des jeweiligen Trägers angefertigt wurden. Diese sollten zum Einsatz kommen, wenn der Mitarbeiter keine Gehörschutzstöpsel wegen Unverträglichkeiten oder anatomischer Besonderheiten tragen kann. Außerdem erhöhen Sie durch den komfortablen Sitz die Trageakzeptanz beim Anwender.

Kombination von Gehörschutz

Bei extremen Schallbelastungen ist auch das gleichzeitige Tragen von Gehörschutzstöpseln und Kapselgehörschutz möglich. Wichtig dabei ist, nur geprüfte Kombinationen (IFA-Datenbank) einzusetzen und die Dämmwerte der Produkte nicht einfach zu addieren. Vielmehr kommt der jeweils höhere Wert bei den jeweiligen Frequenzen (HML) zur Anwendung.

Trageversuche und Praxistests

Der Tragekomfort ist mitentscheidend für die Akzeptanz der eingesetzten Produkte. Vor der Einführung von neuen Produkten sind Tragetests empfehlenswert. Dokumentieren Sie die Ergebnisse mit Tragetestprotokollen und lassen Sie die Ergebnisse der Tests und die Bewertungen der Anwender in Ihre Entscheidung für oder gegen ein Produkt einfließen.